aus jeder Nacht, in der ich mich endlich in mein Bett zurückgezogen habe, wie in eine Schlangengrube, wache ich kurz auf, verschwitzt und schnappatmend und klebe an den Träumen, die ich in tausend schillernden Variationen wieder und wieder durchleide – ist das „Verarbeitung“? Mit einem Seufzen möchte ich erwachen, statt mit einem Schrei; und so will ich den Traum endlich zuende denken und zur Ruhe kommen, statt in der nächsten Nacht auf seine Rückkehr zu warten oder plötzlich merken: auch das ist geschafft, ist erledigt.
Ich habe alles beendet, die „Fleischmärkte“ der Kontaktplattformen, die halbherzigen Anpassungen an offenkundig psychisch stark alterierte Frauen, unter denen ich mehr „Fälle“ angetroffen habe, als in einer psychiatrischen Fachabteilung, ich habe mich mit aller Kraft gezwungen, wenigstens stundenweise unter andere Menschen zu gehen, ich habe versucht, den Rest an Vernunft zu mobilisieren, aus dem feuchten Schleier vor Augen wieder einen klaren Blick zu machen, meinen Stolz wieder zu reaktivieren, mich nicht länger, nicht einen Moment mehr, zu ducken oder ducken zu lassen.
Jeder und jedem, die oder der mir provokant oder unverschämt gegenüber getreten ist, habe ich ohne die Schärfe, zur der ich fähig bin, fast freundlich geantwortet oder bin still und kaum bemerkt aus diesem Lebensumfeld verschwunden.
Ich habe Affekte gesucht, Wut und Hass und Todeswünsche, in denen diese Gestalten verbrennen sollten, als würde mich das Feuer selbst reinigen; auch das ist nur ein Durchgangssyndrom.
Am Ende des Tunnels soll ein neues Ich stehen, das vielleicht zufällig melancholisch auf diese Geschichten schaut und ansonsten sich mehr und mehr dem nächsten Lebensabschnitt, meines Lebens, zuwendet.
Ich entlasse die Geister und Schlangen und weise ihnen den Weg zu denen, die Risse in meine Seele geschlagen haben; ob sie ihre Beute dort erwischen, kann mir letztlich egal sein.
In einigen Stunden werde ich den Radius erweitern.
Nicht mehr der Weg zum Waldspaziergang, zur Post, zum Supermarkt, zum nächsten Arzt, der sich mit einem kühlen Rektoskop an den untersten 20 cm Darm zu schaffen macht oder mit einem bleistiftdicken, starren Endoskop meinen Kehlkopf inspiziert, bis ich fast die Praxis vollkotze, werden das Limit sein:
Berlin ist das erste Ziel; ich habe Sehnsucht nach meinen Freundinnen, denen ich vertraue und die ich als Frau und Mensch liebe.
Langsam, auch meine Freundinnen vor Augen, die aus Gründen gut organisiert versingelt sind, befasse ich mich mit dem Gedanken, ohne Partnerin, also allein lebend, nicht als fünftes Rad an fremden Wagen und nicht als Subjekt selbstüberhöhenden Mitleids, nach und nach mit Bewussheit und Genuss auf dem absteigenden Teilstück des Bogens zum Ende zu gleiten.